Schlagwörter
Abschlag, Ball, Driver, Eisen, Film, handicap, Hollywood, marketing, Pro, Putten, Regiseur, Schläger, trainer, Turnier, Video
Während Jugendliche die Erwachsenen mit Begriffen wie PRANK, SWAG, YOLO, DRÖLF oder DAB quälen, so quälen wir Erwachsenen uns selbst mit den Begriffen NETWORKING und STORYTELLING. Ist man früher zu einer Veranstaltung gegangen, weil dort nette und/oder spannende Leute waren, so trifft man sich heute an gleicher Stelle zum Networken. Hat man früher einfach einen lesenswerten Text verfasst, so tellt man heute eine Story. Will damit sagen: „Schwachfug“ – aber es klingt und verkauft sich besser. Glauben zumindest die die es sagen oder verkaufen.
Die globalen Meister des Storytellings befinden sich übrigens nach wie vor in Hollywood. Dort werden in Filmen richtige Geschichten erzählt und ich als alter Kinogeher, tauche immer wieder ein in die fantastischen Welten aus aller Herren Länder, Galaxien und aus unterschiedlichen Zeiten. Mitte der 1900-Jahre hat ein findiger amerikanische Mythenforscher namens Joseph Campbell in den Kinofilmen das Motiv der Heldenfahrt erforscht und es wurde später von einem gewissen Christopher Vogler mit seinem Buch The Writer’s Journey als Modell bekanntgemacht. Jedenfalls haben die beiden festgestellt, dass ein Großteil der Filme die wir kennen nach einem bestimmten Grundmuster abläuft. Starwars, Herr der Ringe, Waterworld, Staatsfeind Nummer 1, Pretty Woman, Schweigen der Lämmer, Matrix oder auch Zeichentrickfilme wie Madagascar haben ein 12teiliges Grundschema:
- Ausgangspunkt ist die gewohnte, langweilige oder unzureichende Welt des Helden.
- Der Held wird von einem Herold zum Abenteuer gerufen.
- Diesem Ruf verweigert er sich zunächst.
- Ein Mentor überredet ihn daraufhin, die Reise anzutreten, und das Abenteuer beginnt.
- Der Held überschreitet die erste Schwelle, nach der es kein Zurück mehr gibt.
- Der Held wird vor erste Bewährungsproben gestellt und trifft dabei auf Verbündete und Feinde.
- Nun dringt er bis zur tiefsten Höhle, zum gefährlichsten Punkt, vor und trifft dabei auf den Gegner.
- Hier findet die entscheidende Prüfung statt: Konfrontation und Überwindung des Gegners.
- Der Held kann nun den „Schatz“ oder „das Elixier“ (konkret: ein Gegenstand oder abstrakt: besonderes, neues Wissen) rauben.
- Er tritt den Rückweg an, während dessen es zu seiner Auferstehung aus der Todesnähe kommt.
- Der Feind ist besiegt, das Elixier befindet sich in der Hand des Helden. Er ist durch das Abenteuer zu einer neuen Persönlichkeit gereift.
- Das Ende der Reise: Der Rückkehrer wird zu Hause mit Anerkennung belohnt.
Die ersten 4 Punkte befinden sich im hellen/positiven Teil des Lebens. Danach taucht der Held/die Heldin in eine dunkle Seite ein, bevor er oder sie später wieder in die Helligkeit zurückkommt. Es ist ein logischer Spannungsbogen und Drehbuchautoren die etwas auf sich halten, richten sich danach.
Und scheinbar auch ich richte mich nach einem Grundmuster. Denn ich bin grad sowas in meine dunkle Seite des Golfs eingetaucht, dass ich es schwer begreifen kann. Ok ich hatte schon früher ein paar sensationelle Tiefs durchwandert, aber das was da gerade passiert, ist mehr als nur erschreckend. Augenscheinlich wird es, wenn man sich die Ergebnisse der letzten 5 Turniere die ich gespielt habe ansieht. Man muss nicht lange nach meinem Namen suchen, denn ich war immer ganz am untersten Ende der Liste – quasi auf der dunkelsten Seite der Macht. Beleuchte ich meine bisherige Golfreise historisch, so ereilte mich im Jahre 2008 der Ruf endgültig ein Golfer zu werden defacto aus dem Nichts. Ich wuchs vom Fernmitglied zum Vollmitglied. Dann der Einstieg in den Vorstand, der Aufstieg zum Präsidenten, parallel das stete Sinken des Handicaps und dann bin ich heuer rübergetaucht in die dunkle Seite der Golfmacht! Aber keine Angst: nicht irgendwelche Warlords, Orcs oder menschenfressende Meeresbewohner lauern mir auf, nein: Mein Golfspiel ist seit heuer ganz einfach (verzeiht mir den nun folgenden Ausdruck) im Arsch!
Golf ist ein Sport wo man die Anzahl seiner Fehler reduzieren sollte. Der letzte Herbst war golferisch ein mittlerer Traum. Die Bälle flogen schnurstracks in die geplante Richtung, meine Annäherungsschläge waren Punktlandungen und meine Putts waren bei Freund und Feind gefürchtet.
Die einzigen die sich heuer vor mir fürchten sind die Enten im Teich, denn meine Bälle sind auf Golfreise, Bilbo Beutlin nix dagegen. Ich brauche pro Runde zur Zeit um die 10 Bälle, denn meine Abschläge ziehen in alle Richtungen – und dort steht hohes Gras oder gleich ein ganzer Wald. Nachdem ich seit Jahren meinen Driver schon nicht mehr verwenden kann, sind jetzt auch das 3er-Holz und mein 5-er-Holz ein Chaos an Genauigkeit. Mit dem 4er-Eisen stehe ich gequält am Abschlag und hoffe auf baldige Besserung. Mein Trainer schüttelt schon den Kopf, wenn ich gesenkten Hauptes zu ihm hinkrieche. Mein Griff ist zaghaft, Angstschweiss tropft sogar aus meinen Ohren, mein Blick scheint schief und alles rund um mich herum versucht mir zu sagen, dass es eh bald besser wird.
Ich bin ein Schatten meiner selbst – quasi ein Hobbit im Golf-Mordor. Ein Pirat of the Carribean in den Fängen des Bermudadreiecks. Ein Men in Black im Schlund der intergalaktischen Schabe. Der Alpha Kevin unter den Kevins. Ich mache mir grad echt Sorgen um mich selbst! Es wäre eine Katastrophe wenn ich nicht mehr spielen könnte. Was tät ich denn ohne Golf? NETWORKEN?
Nix da: es muss ein baldiges Ende finden. Ich brauche wie laut Vogler’s oben gelisteten Punkt 9 irgendjemandem einfach nur einen „Schatz“ oder ein „Elixier“ zu rauben. Danach überwinde ich den Gegner und dann komme ich als Golfheld in Lichtgestalt nach Hause und man wird STORIES über mich TELLEN und ich werde in die Geschichte eingehen. Man wird Bücher über mich schreiben und Filme von mir drehen und Straßen nach mir benennen. Jeder wird sagen: jaja der Stephan Waltl, der hatte damals in seiner späten Jugend eine schlimme Krise. Aber dann, dann hatte er ein
SCHÖNES SPIEL 🙂