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Nachdem ich Anfang April die ÖGV-Schiedsrichter-Prüfung erfolgreich bestanden habe, möchte ich Euch mit meinem ersten Eintrag als „offizieller Schiri“ gleich mit einem Rechts-Fall konfrontieren, der so oder so ähnlich auf jedem Golfplatz der Welt passieren könnte. Das Wichtigste an dieser Situation, ist, dass es zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen gibt:

  1. Die Bewertung nach dem österreichischen Strafgesetz = https://www.jusline.at/Strafgesetzbuch_(StGB).html
  2. Die Bewertung nach den Golfregeln der R&A = http://www.randa.org/

Zuerst möchte ich Euch die Ausgangslage schildern:
An einem wunderschönen Sommertag spielen Herr M und seine Ehefrau (ebenfalls M) gemeinsam eine Runde Golf. Man scherzt, ist guter Dinge und freut sich des schönen Spiels. Auf Bahn 8 passiert dann ein schreckliches Unglück. Herr M schlägt ab und trifft mit seinem Golfball seine Frau mit voller Wucht an der Schläfe. Frau M geht zu Boden und ist sofort tot.
Vom Nachbarflight wird sofort der Notarzt per Handy verständigt, die Flights zwischen dem Notarzt und dem Unglücks-Flight lassen den Notarzt durchspielen (übrigens mit einem wunderschönen Birdie auf Bahn 5). Auf Bahn 8 angekommen, kann er aber nur mehr den Tod von Frau M feststellen. Tiefe Trauer und Bestürzung bei Herrn M und im ganzen Golfclub.

Ca. 5 Monate später kommt es zur Gerichtsverhandlung, denn die Staatsanwaltschaft hat den Fall mit Hinblick auf Totschlag vor Gericht gebracht. Der Angeklagte Ehemann M wird in der Verhandlung vom Richter gefragt, den Tathergang zu beschreiben.

Herr M: „Herr Rat! Es war ein wunderschöner Golftag. Meine Frau und ich waren beide guter Dinge. Ich spielte bereits auf Bahn 1 ein Par und auch danach hatte ich bis auf einen Streicher auf der 6, nur Bogeys und ein Doppel-Bogey. Und sogar meine Frau, die sonst ja keine grosse Golferin ist, war an diesem Tag nicht wirklich schlecht. Als wir zur Bahn 8 kamen, mussten wir warten, denn der Flight vor uns spielte sehr langsam. Ich habe gleich gemerkt, wie ich durch das Warten aus dem Rhythmus komme. Und dann habe ich meinen Ball am Herren-Abschlag auf das Tee gestellt, habe meinen Probeschwung gemacht und habe dann denn Ball geschlagen. Und wie soll ich es beschreiben? Ich habe den Ball nicht gut getroffen und so ist er anstelle nach vorne, in einem fast rechten Winkel direkt auf den Kopf meiner Frau zugeflogen und hat sie darniedergestreckt!“

Ja, sagt darauf der Richter, das ganze ist ja eine schreckliche Geschichte! Aber was uns wundert ist, dass wird bei der pathologischen Untersuchung, neben der tödlichen Wunde am Kopf ihrer Frau, auch noch einen weiteren Golfball gefunden haben. Um genau zu sein: im After ihrer Frau! Ja, sagt darauf Herr M, das – Herr Rat – war mein provisorischer Ball den ich gespielt habe, sollte ich den ersten Ball nicht finden oder dieser unspielbar sein!

Herr M kam wegen Unzurechnungsfähigkeit mit einer bedingten Haftstrafe davon! Aber was lernen wir daraus? Ganz klar: wenn es um Golf geht, kennen Golfer kein Pardon! Nicht einmal vor dem Tod der eigenen Frau! Somit ist es aber auch ganz natürlich, dass wir – neben der strafrechtlichen Relevanz dieses Falles – auch die entsprechenden Golfregeln, die hinter diesem Fall stehen, beleuchten:

  1. War Frau M dazu berechtigt den Ball von Herrn M mit der Schläfe zu fangen?
    Regel 19-3: Ball in Bewegung abgelenkt oder aufgehalten durch Gegner
    Handlung: Herr M darf seinen Schlag straffrei annullieren, nahelegen oder in der Nähe der „Ablenkung“ fallenlassen.
  2. War Herr M dazu berechtigt einen provisorischen Ball zu spielen?
    Regel 27-2: Provisorischer Ball
    Handlung: Grundsätzlich ist Herr M berechtigt einen provisorischen Ball zu spielen, wenn er glaubt, den ersten Ball nicht zu finden. Wenn, dann hätte er das aber ankündigen müssen und da sein Gegner (Frau M) augenscheinlich nicht mehr in der Lage war, hatte Herr M niemanden mehr, dem er den provisorischen Ball hätte ankündigen können! Damit zieht er sich (mindestens) einen Strafschlag zu!
  3. Wäre Herr M dazu berechtigt, den provisorischen Ball im After seiner Frau zu spielen?
    Regel 15-2-: Eingebetteter Ball
    Handlung: Der Ball könnte im Hintern der eben verstorbenen Frau M als „eingebetteter Ball“ gesehen werden. Diese Regeln gilt für gewöhnlich nur in einem Hindernis (z.B.: Bunker). Frau M war zum Zeitpunkt des „Einbettens“ nicht mehr „zum Spiel gehörig“ und kann als „loser hinderlicher Naturstoff“ angesehen werden. Damit wäre Herr M berechtigt laut Regel 21 den Ball vorsichtig aus dem After seiner Frau zu entnehmen und ihn soweit zu reinigen, dass er den Ball als den seinigen identifizieren kann. Anschließend entfernt er den „losen hinderlichen Naturstoff“ (also den Leichnam seiner Frau) und legt seinen Ball straffrei ungefähr an der Stelle wo er zuerst (noch in Frau M eingebettet) lag.
  4. Wäre Herr M dazu berechtigt gewesen, anstelle mit seiner Frau, mit dem Notarzt die restlichen 10 Löcher des Platzes zu Ende zu spielen?
    Hier kommt es darauf an, ob es sich beim Spiel zwischen Herrn und Frau M um ein Zähl- oder Lochwettspiel gehandelt hat. Im Lochwettspiel hat Herr M gewonnen, da seine Frau die restlichen 10 Löcher nicht mehr gewinnen kann. Im Zählwettspiel kann Herr M anstelle seiner Frau gerne auf den Notarzt als seinen Zähler umsteigen und mit ihm die verbleibenden Löcher fertig spielen. Es empfiehlt sich aber dennoch im Clubhaus bescheid zu geben, dass einer der Greenkeeper Frau M vom Platz entfernt und das der Notarzt der neue Zähler von Herrn M ist.

Leider habe ich in den den über 1.000 Zusatzentscheidungen noch keine klare Antwort auf all diese Fragen gefunden und stelle fest: Golf ist um einiges komplexer als unser Strafgesetzbuch!

SCHÖNES SPIEL 🙂