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Heute möchte ich Euch mit einem Phänomen konfrontieren, welches ausser beim Golf in keiner einzigen anderen Sportart existiert. Wie sooft muss ich dazu wieder etwas ausholen und eine Geschichte erzählen:

Letztes Jahr spielte ich an einem Montag Abend bei einem 9-Loch-After-Work-Turnier mit. After-Work klingt an sich schon witzig, wenn man gesehen hat, dass 50% der Teilnehmer Rentner waren – aber das nur am Rande. In meinem Flight befand sich nur ein Pensionist, dazu ein mir bekanntes Ehepaar. Ehepaare in einem Flight werden bei Turnieren übrigens nicht so gerne gesehen, weil die Möglichkeit des Beschisses groß und die Möglichkeit einer Ehekrise noch viel größer ist. Die Geschichte die ich erzählen möchte, hat weder mit den vielen Rentnern, noch mit möglichen Scheidungen zu tun, sondern mit dem 9-Loch-Turnier an sich. 9-Loch-Turniere sind eigentlich nur ein Jux, helfen einem das Handicap ein bissi zu verbessern und man muss, durch die zufällig Zusammenlosung, nicht immer mit den selben Leuten am Platz spielen.

Wenn es ums Gewinnen geht, dann sind solche Turniere leider nicht so spannend wie große 18-Loch-Turniere. Bei den 18-Löchern bekommt man (sollte man unter den Gewinnern sein) coole Schläger, Sporttaschen, ein neues Golf-Bag oder zumindest teure Weine. Bei den 9-Loch-Turnieren gibts ein Handtuch (kein Badetuch), einen 10-€uro-Gutschein fürs Clubrestaurant oder 3 Bälle. Alles in allem eher auf Bausparer-Niveau.

Ein grosses 18-Loch-Turnier zu gewinnen ist also reizvoller. Damit man es gewinnen kann, braucht man 3 Dinge:

  1. einen guten Tag,
  2. Glück und
  3. ein Ausgangs-Handicap, das schlechter ist als man spielt!

Je niedriger das Handicap, umso schwerer ist es zu gewinnen. Jetzt versuchen sieg-geile Golfer natürlich ein schlechtes Handicap zu haben, damit man beim Turnier besser dasteht. Das Handicap verbessern kann man – und hier beisst sich die Katze in den besagten eigenen Schwanz – übrigens nur durch Turniere. Also versucht man als Golfer ja nicht bei irgendwelchen Bausparer-Turnieren sein Handicap extrem runterzudrücken, sondern wartet schön brav auf die gut dotierten Highlights – dann schlägt man zu!

Zurück zu unserem 9-Loch-Turnier und meinen drei Golf-Genossen, wo die Ehefrau einen goldenen Tag erwischt hat. Ein Par auf Loch 1, 2 und 3. Ein Bogey auf der 4 und der 5, gefolgt von einem Birdie beim 6.Loch. Nach 6 Löchern nur um eines schlechter als die Vorgabe – damit gehört man bei uns im Verein zu den Stars. Blöd nur, dass besagte Dame ein Handicap von 27 hatte. Sprich, hätte sie die restlichen 3 Löcher so weitergespielt, dann hätte sie nicht nur das 9-Loch-Turnier und vermutlich einen angebissenen Apfel gewonnen, sondern ihr Handicap wäre nach unten geraschelt wie ein Pfitschi-Pfeil und beim nächsten coolen Turnier wäre sie dann wieder bei der Sterblichen gelandet.

Also wie reagiert man, damit das eben genau nicht passiert? Ganz einfach, werdet ihr denken, die restlichen 3 Löcher fabriziert man einen absoluten Käse! Und vergeigt so brutal den Score, dass man wieder ausgeglichen schlecht ins Ziel kommt. Und jetzt sind wir bei dem oben angesprochenen Phänomen: Sowas geht vielleicht beim Tennis – indem man einfach nicht mehr nach dem Ball schlägt; das geht vielleicht beim Curling – indem man aufhört zu wischen; das geht vielleicht beim Karate – indem man sich ohne Gesichts-Schutz mitten in den Fusstritt vom Quai Chang Cain stellt.

Und natürlich würde das von der Logik her auch beim Golf gehen, nur man schafft es nicht. Jeder Golfer ist in sich so ehrgeizig, dass er es nicht übers Herz bringt, daneben zu schlagen. Nein, noch viel schlimmer, ausgerechnet dann, wenn man unbedingt nicht ins Loch putten will, genau dann, trifft man. Genau dann hüpft der Scheiss-Ball von 30 Metern Entfernung mitten ins Loch. Genau dann, wenn man es so gar nicht brauchen kann!

Tja: und was soll ich Euch sagen! Genau das ist bei meiner Mitspielerin passiert. Sie ist mit einem Wunderscore von +1 ins Clubhaus gekommen. Der Ehemann war schockiert, sie selber nicht viel weniger. Alle haben zum Turniersieg gratuliert und bei der Siegerehrung gabs 3 neue Bälle! Und am darauffolgenden Samstag hat die Dame beim grossen 18-Loch-Turnier den vorletzten Platz belegt! So brutal ist Golf!

SCHÖNES SPIEL 🙂